Unterrichts- und Lernmaterial für Mikrocontroller
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Das Timer-IC 555 besser verstehen

Die folgende Grafik zeigt ein vereinfachtes Blockschaltbild eines 555 bzw. 7555 Bausteins.

Abbildung 1 - Timer-IC 7555 bzw. 555
Bezeichnung Erklärung
GND(Pin 1) Masseverbindung
TRIG(Pin 2) Liegt am "-"-Eingang des Komparators. Ein negativer Puls an Pin2 setzt das RS-FF, sobald die Spannung unter 1/3 Vcc fällt. Der Ausgang geht von LOW auf HIGH.
OUT(Pin 3) als Stromquelle und als Stromsenke für max. 200 mA nutzbar; die Ausgangsspannung liegt bei ca. Vcc - 1,5V.
/Reset(Pin 4) Active Low Eingang; wenn nicht benötigt, liegt er auf HIGH, um nicht ungewollt einen Reset auszulösen.
CTRL(Pin 5) Wird i.a. nicht benötigt und mit einem 10nF Kondensator gegen Masse verbunden.
Threshold(Pin 6) Liegt am "+"-Eingang des Komparators, dessen Ausgang mit dem R-Eingang des RS-FlipFlops verbunden ist.
Entladung(Pin 7) Offener Kollektor eines Transistors, dessen Emitterausgang mit GND und dessen Basis mit dem Ausgang des RS-FF verbunden ist.
Vcc(Pin 8) Betriebsspannung; im Fall des hier verwendeten NE-555 Experimentierboards darf diese zwischen 3V und 15V DC liegen. Bei einem separaten Aufbau auf einem Steckbrett kann man auf die stabilisierte Spannungsversorgung eines Arduino-UNO-, eines StampII- (5V) oder Propeller-Boards (3,3V) zurückgreifen.

Die roten Zahlen geben die Pinnummern des IC-Bausteins an.

 

Das Timer-IC besteht aus fünf Funktionsblöcken.

  1. Block 1           Spannungsteiler aus drei gleich großen Widerständen (5k1).
  2. Block 2           Zwei Komparatoren.
  3. Block 3           RS-FlipFlop mit invertierendem Ausgang.
  4. Block 4           Verstärker mit invertierendem Ausgang.
  5. Block 5 (rosa) Transistorschaltung mit offenem Kollektor.

 

Übrigens hat der Timer 555 seinen Namen von den drei gleich großen 5k1 Ohm großen Widerständen im Spannungsteiler erhalten.

Experiment 1 - Flipflop

Ein Flipflop ist eine bistabile Kippstufe, die - wie der Name schon verrät - zwei stabile Zustände annehmen kann.

Zum Experimentieren eignet sich ein einfaches Steckbrett oder ein Experimentierboard; die Fa. ELV stellt ein solches her. Ich stelle beide Optionen vor.

Schaltskizze

Abbildung 2 - IC7555 oder NE555 mit Beschaltung als Flipflop.

Schaltungsaufbau auf einem Steckbrett

Abbildung 3 - Der Taster am Setzeingang des FF ist mit S, der am Reseteingang mit R mar-kiert. Die grüne LED zeigt den gesetzten Zustand, die rote den zurückgesetzten Zustand an.

Die Verdrahtung auf dem Steckbrett ist etwas unübersichtlich und verlangt erhöhte Konzentration. Es schleichen sich schnell Verdrahtungsfehler ein. Mit kleinen Drahtbrücken wird der Aufbau übersichtlicher; darauf habe ich hier aber verzichtet;-)

Schaltungsaufbau (ELV NE555-Experimentier- und Anwenderboard)

Abbildung 4 - Stellung der Schiebeschalter S3 und S4 auf dem Experimentierboard für die Demonstration des Flipflop Effektes. Das Bild zeigt einen Ausschnitt des Experimentierboards.

Über die Schiebeschalter S3 und S4 wird zunächst der Modus Flipflop eingestellt; dazu werden beide Schalter ganz nach unten geschoben. Die Taster TA1(Set) und TA2 (Reset) steuern das Verhalten des 555-er IC-Bausteins. Mit dem ersten Tastendruck auf TA1 wird das Flipflop gesetzt und die grüne LED leuchtet auf, die rote LED ist erloschen. Weitere Tastendrucke auf TA1 verändern diesen Zustand nicht.

Mit einem Tastendruck auf TA2 wird das Flipflop zurückgesetzt; die grüne LED erlischt, die rote geht an.

Flipflopschaltung
Material
  • 1x  NE-555 Experimentierboard der Fa. ELV Elektronik ODER alternativ
  • 1x  ICM7555 oder NE555
  • 2x  Widerstand, 10k Ohm
  • 1x  Widerstand, 4k7 Ohm
  • 1x  Widerstand, 1k Ohm
  • 1x  Kondensator, 100nF
  • 2x  Taster
  • 2x  LED, rot und grün
  • 1x  Steckbrett
  • 1x  Steckernetzteil, 5V
  • diverse Steckdrähte
Aufgaben
  • Baue die Schaltung nach der Schaltskizze auf.
  • Informiere dich über die Wahrheitstafel und die Arbeitsweise eines Flipflops.
  • Überprüfe, ob die angeschlossene grüne LED angeht, sobald T1 (S) gedrückt wird und wieder aus geht und die rote LED angeht, wenn T2 (R) gedrückt wird. Die beiden eingenommenen Zustände sind stabil.

Wie arbeitet die Schaltung?

Dazu muss man sich Abbildung 2 anschauen. Der Plus-Eingang des oberen Komparators ist wie sein Minus-Eingang mit Masse verbunden; der Komparator hat in dieser Schaltung keine Funktion.

Das Zurücksetzen wird über Pin 4 (/Reset) erzwungen. Sobald der Taster T2 gedrückt wird, liegt Pin 4 an Masse und löst einen Reset aus. Der invertierende Ausgang des FF wird HIGH, die Basis des Transistor positiv und damit schaltet er durch. Die rote Diode beginnt zu leuchten. Am Ausgang des invertierenden Verstärkers liegt LOW, damit kann kein Strom durch die grüne LED fließen, sie erlischt.

Im Ruhezustand ist T2 geöffnet und Pin 4 liegt an der Versorgungsspannung.

Der zweite Komparator ist mit seinem Ausgang direkt mit dem S-Eingang des Flipflops verbunden. Bei geöffnetem Taster T1 liegt der Minus-Eingang an Vcc und ist positiver als der Plus-Eingang - am Ausgang passiert nichts.

Wird T1 gedrückt, liegt der Minus-Eingang an Masse, der Plus-Eingang ist jetzt positiver als der Minus-Eingang und der Ausgang des Komparators geht auf HIGH. Am invertierenden Ausgang des Flipflops steht dann ein LOW, das über den invertierenden Verstärker zu einem HIGH am Ausgang wird. Die grüne LED beginnt zu leuchten.

Der Zustand LOW am invertierenden Ausgang des FF sperrt den Transistor (seine Basis ist nicht positiv) und die im Kollektorkreis geschaltete rote LED geht aus.

Um das Schaltverhalten eines Flipflops noch besser zu verstehen, schauen wir uns in der folgenden Übung eine bistabilen Kippstufe an, die aus zwei Transistoren aufgebaut ist.

Experiment 2 - Bistabile Kippstufe mit zwei Transistoren

Die Arbeitsweise eines Flipflops lässt sich am Besten verstehen, wenn man sich nicht nur die Wahrheitstafel eines FF anschaut, sondern auch den diskreten Aufbau einer solchen Schaltung. Dies kann über NAND- oder NOR-Gatter erfolgen, oder aber über den Aufbau mit Transistoren. Über deren Schaltverhalten lässt sich das Verhalten eines Flipflops umfassend erklären.

Schaltungsaufbau auf einem Steckbrett

Abbildung 5 - Bistabile Kippstufe mit zwei Transistoren
Abbildung 6 - Bistabile Kippstufe mit zwei Transistoren aufgebaut.
Bistabile Kippstufe mit zwei Transistoren
Material
  • 2x  Widerstand, 220 Ohm
  • 2x  Widerstand, 22k Ohm (im Foto sind 470R und 47k Widerstände verwendet worden)
  • 2x  Taster
  • 2x  LED, rot und grün
  • 2x  Transistor BC 548B
  • 1x  Steckbrett
  • 1x  Steckernetzteil, 5V
  • diverse Steckdrähte
Aufgaben
  • Baue die Schaltung nach der Schaltskizze auf.
  • Überprüfe, ob die angeschlossene grüne LED angeht, sobald T1 (S) gedrückt wird und wieder aus geht und die rote LED angeht, wenn T2 (R) gedrückt wird. Die beiden eingenommenen Zustände sind stabil.

Wie arbeitet diese Schaltung?

Mit dem Anlegen der Betriebsspannung von 5V wird einer der beiden Transistoren durchschalten. Welcher es sein wird, hängt von den einzelnen Bauteilen und ihren Toleranzen ab und ist nicht vorhersagbar. Nehmen wir deshalb an, dass Transistor Tr1 durchschaltet und LED grün leuchtet.

Abbildung 7 - In der Schaltung ist ein Weg eingezeichnet, den die negative Ladung nehmen kann. In diesem Fall schaltet Tr1 durch und Tr2 sperrt.

Tr1 schaltet durch; das Potential am Punkt A liegt bei ca. 0,2 V, das am Punkt C bei ca. 0,7 V (npn-Transistor). Die LED grün leuchtet. Dadurch das Punkt A nahezu auf 0 V liegt, gilt dies auch für Punkt D. Damit sperrt Tr2 und Punkt B liegt auf Betriebsspannung Vcc.

Der hohe Widerstand von 22k begrenzt den Basisstrom auf den hundertsten Teil des Kollektorstroms Ic. Ic liegt hier bei ca. 20 mA, der Basisstrom bei ca. 0,2 mA. Die rote LED kann deshalb nicht leuchten, obwohl durch sie ein geringer Strom fließt.

Wird jetzt T2 gedrückt, passiert nichts. Da Punkt D nahezu auf Nullpotential liegt und durch den Tastendruck auf GND gezogen wird, ändert sich für Tr2 nichts - er bleibt gesperrt.

Wird dagegen T1 gedrückt (SET), wird Punkt C und damit die Basis von Tr1 auf GND gezogen; Tr1 sperrt, die LED grün geht aus und Punkt A wird auf Vcc gezogen. Es kann jetzt Ladung über die grüne LED zum Punkt D und GND fließen. Tr2 schaltet durch, weil seine Basis positiv wird, damit sackt Punkt B auf ca. 0,2 V und LED rot geht an. Punkt B ist über den Widerstand mit Punkt C verbunden. Die Basis von Tr1 ist LOW, damit sperrt Tr1 und Punkt A liegt auf Vcc.

Mit einem Tastendruck auf T2 (RESET) geht LED grün wieder an und LED rot aus.

 

Die Arbeitsweise einer bistabilen Kippstufe ist jetzt bekannt; wir wenden uns im folgenden Experiment einer metastabilen Kippstufe zu, die einen stabilen und einen instabilen Zustand besitzt.

Experiment 3 - Monoflop

Ein Monoflop ist eine Kippstufe mit einem stabilen Zustand. Sobald die Kippstufe geschaltet wird, fällt sie nach einer endlichen Zeit wieder in den stabilen Zustand zurück, bis sie erneut geschaltet wird.

 

Schaltskizze

Abbildung 8 - Monoflop mit einem NE555. Pin 7 wird mit Pin 6 des NE555 verbunden.

Schaltungsaufbau

Abbildung 9 - Aufbau eines Monoflop auf einem Steckbrett

Wie arbeitet die Schaltung?

Im unbeschalteten Zustand - bei angelegter Versorgungsspannung - leuchtet die LED nicht und der Kondensator ist entladen.

Der Minuseingang P2 (TRI) des unteren Komparators (Komparator B) wird durch den 10 kOhm Pull-up Widerstand auf HIGH gezogen. Am Punkt B und damit am Pluseingang des selben Komparators liegen 1,66 V. Da die Spannung an B geringer ist als am Minuseingang, schaltet der Komparator nicht durch.  

Komparator B: Uplus < Uminus -> Ausgang LOW

Am Ausgang vom Komparator B und damit am Eingang S des internen SR-FF liegt jetzt ein LOW-Signal.  Der invertierende Ausgang des SR-FF ist damit auf HIGH; die Basis des Transistor wird positiv und der Halbleiter schaltet durch. Sein Kollektor (Pin 7 - ist direkt verbunden mit Pin 6 (THR)) geht auf LOW. Die Pegel sind für die ersten 0,5 s dem Zeitdiagramm (Abb. 10) zu entnehmen.

Abbildung 10 - In Phase I (Schalter nicht gedrückt -> Ruhezustand) liegt P2 (TRI) auf HIGH und Ausgang P3 auf LOW. P4 (RST) und P5 (CTL) liegen schaltungsbedingt auf HIGH.

Da die Transistorbasis auf HIGH gezogen wird, geht der Pegel am nachgeschalteten invertierenden Verstärker innerhalb des NE555 auf LOW. Am Ausgang P3 (OUT) liegt LOW und die nachgeschaltete LED leuchtet nicht.

Pin 4 (RST) und Pin 5 (CTL) liegen schaltungsbedingt auf HIGH Potential.

 

Wird Taster T1 kurz gedrückt, zieht es den Minuseingang (TRI) von Komparator B auf LOW, während am Pluseingang B aufgrund des internen Spannungsteilers eine Spannung von ca. 1,33 V liegt. Die Folge: Der Ausgang des Komparators B und damit gleichzeitig auch der Eingang S des Flipflops gehen auf HIGH. Der invertierende Ausgang des FF wird LOW, während der invertierende Ausgang des nachfolgenden Verstärkers auf HIGH geht und die LED zum Leuchten bringt.

Da der Ausgang des FF auf LOW gezogen wird, sperrt der Transistor, Pin 6 (THR) geht auf HIGH und der Kondensator lädt sich langsam auf.

Abbildung 11 - Aufladung des Kondensators. Bei einem 100 µF Kondensator dauert es etwa 11s.

Sobald der Wert an P6 (THR) den Wert von 3,3 V übersteigt, schaltet der Komparator A seinen Ausgang auf HIGH und ein Reset wird ausgelöst. Der invertierende Ausgang des FF geht auf HIGH, der Transistor schaltet durch und die LED geht aus. Pin 6 (THR) geht auf LOW, der Kondensator entlädt sich.

Berechnung der Haltezeit eines Monoflops

Die Einschaltdauer der LED ist abhängig vom Kondensator C1 und dem Potenziometerwiderstand R1.  Sie errechnet sich aus den Größen C1 und R1 über die Formel

In der vorliegenden Schaltung werden ein 100 kOhm Poti und ein 100 µF Kondensator benutzt. Die maximale Haltezeit errechnet sich daraus zu ca. 11s, was mit dem Oszilloskop bestätigt wird (Abb. 11).

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© Reinhard Rahner - Gettorf