Unterrichts- und Lernmaterial für Mikrocontroller
Unterrichts- und Lernmaterial fürMikrocontroller

In diesem Kapitel wird die Induktivität einer Spule experimentell ermittelt. In weiteren Übungen widmen wir uns dem Hoch- und Tiefpassverhalten von RL-Schaltungen.

Hilfreich sind Kentnisse aus der Gleich- und Wechselstromlehre. Auf die komplexe Darstellung der Wechselstromlehre wird (noch) nicht eingegangen;-)

Übung 1 - Bestimmung der Induktivität einer Spule (1)

Der Widerstand einer Spule setzt sich aus Wirkwiderstand und Blindwiderstand XL zusammen. Der Wirkwiderstand ist rein ohmsch, während der Blindwiderstand frequenzabhängig ist und von den Bauteileigenschaften der Spule abhängt. Die Zusammenhänge zwischen den drei Größe XL, R und Z zeigen die folgenden Formel:

und

stehen für den Blindwiderstand,

für den Wirkwiderstand und

für den Scheinwiderstand.

Einsetzen von (6) und (7) in (8) und auflösen nach L ergibt für die Induktivität L:

Bestimmung der Induktivität einer Spule
Material
  • 1x  Steckbrett
  • 1x  Spule unbekannter Induktivität
  • 1x  Funktionsgenerator
  • 1x  Widerstand, 39 Ohm
  • 1x  USB-Oszilloskop
  • 1x  Drehspulinstrument
  • diverse Steckdrähte
Aufgaben
  • Bestimme den ohmschen Widerstand der gegebenen Spule aus dem Datenblatt des Bauteils.
  • Baue die Schaltung nach Schaltskizze auf einem Steckbrett auf.
  • Stelle mit Hilfe des Drehspulinstrumentes und des Funktionsgenerators die Stromstärke durch die Spule für eine Frequenz f1 von ca. 1300 Hz auf 30mA ein.
  • Entferne das Drehspulinstrument aus dem Stromkreis - ändere die Einstellungen am Funktionsgenerator nicht - und miss mit dem USB-Oszilloskop die Spannung über der Spule.
  • Wiederhole die Messung für eine zweite Frequenz f2 von ca. 400 Hz.
  • Ermittle rechnerisch aus den beiden Messwerten die Induktivität der unbekannten Spule.

Schaltskizze

Abb. 1 - Das Amperemeter wird nach der Einstellung der Stromstärke aus dem Schaltkreis entfernt und durch eine Drahtbrücke ersetzt.

Drehspulmessinstrument

Reproduzierbare Messergebnisse erhält man nur mit einem guten Drehspulmessinstrument. Marktübliche digitale Messinstrumente für den Hobbybereich eignen sich bei Wechselstrommessungen unterschiedlicher Frequenzen nicht.

Messergebnisse

Berechnung der Induktivität

Die Spannung über dem ohmschen Widerstand ergibt sich aus dem Oszillogramm zu

USS = 16,87 V; dies entspricht einem Wert Ueff = 5,96 V.

Die Stromstärke in der Reihenschaltung liegt nach Voreinstellung bei Ieff = 25 mA.

Der Scheinwiderstand ergibt sich nach (8) zu

  • Z = 238,5 Ohm.

Die Induktivität L der Spule errechnet sich dann über (9) mit R = 15,8 Ohm zu

  • L = XL / 2*PI*f = 11,7 mH

Der vom Hersteller angegebene Wert für die untersuchte Spule liegt bei L = 10 mH +/- 10%. Eine Kontrollmessung mit einem digitalen Meßgerät ergibt einen Wert von 8,4 mH.

Übung 2 - Bestimmung der Induktivität einer Spule (2)

Die etwas aufwändige Messung in Übung 1 zur Bestimmung der Induktivität lässt sich experimentell mit geringerem Aufwand durchführen.

Stellt man Gleichung (DGL6) aus dem RL-Schaltung 1 etwas um und wendet auf beiden Seiten der Gleichung den LN (logarithmus naturalis) an, dann ergibt sich als neue Gleichung

Die Herleitung dieser Formel sollte unbedingt durchgeführt werden. Alle Größen auf der linken Seite sind messbar (U0 ist die angelegte Spannung des Funktionsgenerators, U(t) ist die zum Zeitpunkt t über dem Widerstand R abfallende Spannung.

Trägt man

  • -ln((Uo - U(t))/Uo)

auf der Hochachse und t auf der Rechtsachse an, ergibt sich eine Gerade. Die Steigung m der Geraden entspricht dem Quotienten R/L. R und m sind bekannt; auflösen der Gleichung nach L ergibt

  • L = R/m.

Die Spannungsgrößen U0 und U(t) werden mit dem Oszilloskop in Abständen von t = 2 µs gemessen und in einer Tabelle notiert. Die anschließende graphische Auswertung für die Schaltung aus RL-Schaltung 1 - Übung 1 zeigt Abb. 2.

Die Messschaltung

Die Messwerte

Über die Ausgleichsgerade (rot) ergibt sich ein Induktivität von L = 8,1 mH.

Übung 3 - Passives RL-Glied - Tiefpass

In dieser Übung wird das Verhalten von Ausgangs- und Eingangsspannung eines RL-Kreises genauer betrachtet. Der Widerstand einer Spule ist in einem Wechselstromkreis im Gegensatz zu dem eines ohmschen Widerstandes frequenzabhängig. Das kennen wir bereits aus den Übungen mit den RC-Schaltungen.

Liegt an einer idealen Spule (ihr ohmscher Widerstand sei vernachlässigt) eine sinusförmige Wechselspannung, dann gilt nach (5) aus RL-Schaltung 1:

Die zeitliche Änderung eines Stromes induziert in der Spule eine Spannung, die der angelegten Spannung entgegengerichtet ist (Minuszeichen in der Formel). Damit ein Strom

durch die Spule fließen kann, muss die Energiequelle eine Spannung

liefern. Für die an der Spule L anliegende Spannung gilt dann nach TP2

Die Einheit des Produkts aus den drei konstanten Faktoren vor der trigonometrischen Funktion ist Volt.

Das Produkt wL kennen wir bereits als den induktiven Widerstand XL einer Spule.  

LR-Tiefpass
Material
  • 1x  Steckbrett
  • 1x  Spule, 20 mH
  • 1x  Funktionsgenerator
  • 1x  Widerstand, 470 Ohm
  • 1x  USB-Oszilloskop
  • diverse Steckdrähte
Aufgaben
  • Baue die Schaltung nach Schaltskizze auf einem Steckbrett auf.
  • Stelle Eingangsspannung Ue auf 6 Vss ein.
  • Miss in Abständen von 1000 Hz die Ausgangsspannung Ua über dem Widerstand R und trage die Werte in eine Tabelle ein.
  • Stelle die Messwerte graphisch dar. Benutze dazu das Programm Excel o.ä.
  • Interpretiere deine Messergebnisse.

 

 

Schaltskizze

RL-Tiefpassschaltung mit R = 470 Ohm und L = 20 mH. Die Frequenz f am Funktionsgenerator wird in 1000 Hz Schritten erhöht. Gemessen wird die Spannung Ua über dem Widerstand R.

Messwerte

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Spannung Ue am Funktionsgenerator wird auf 6,18 V eingestellt. Anschließend wird an die Schaltung eine Sinusschwingung mit der Frequenz f gelegt. f wird in 1000 Hz-Schritten erhöht. Die Spannungsgrößen Ua in Abhängigkeit von der Frequenz f zeigt nebenstehende Tabelle. Der Einstellungs-/Ablesefehler liegt bei ca. 5 %.

Graphische Auswertung der Messergebnisse

Deutung der Messergebnisse

Dem Graphen ist zu entnehmen, dass mit steigender Frequenz f die Spannung über dem ohmschen Widerstand R abnimmt; es handelt sich um keine lineare Funktion. Bei konstant anliegender Gesamtspannung Ue von ca. 6 Volt muss über der Induktivität L mit steigender Frequenz f eine immer größere Spannung UL abfallen.

Schlussfolgerung: Bei einem Tiefpass nimmt der Widerstand einer Spule mit steigender Frequenz zu oder anderes gesagt: tiefe Frequenzen werden mit einem RL-Tiefpass gut, hohe Frequenzen schlecht oder gar nicht übertragen.

Eingangssignale mit tiefen Frequenzen durchlaufen die LR-Schaltung nahezu ungehindert oder wie man auch sagt: "fast ohne Dämpfung".

Die Grenzfrequenz fG

Die Frequenz, bei der der Wirkwiderstand R und der Blindwiderstand XL der Spule gleich groß sind, wird als Grenzfrequenz fG bezeichnet. Setzt man Wirk- und Blindwiderstand gleich und löst die Gleichung nach f auf, ergibt sich für die Grenzfrequenz

Sind die beiden Widerstände gleich groß, dann sind auch die über ihnen abfallenden Spannungen gleich groß und es gilt:

Bei der Grenzfrequen fG gilt, dass das Signal um den Faktor 0,707... gegenüber dem Eingangssignal gedämpft ist. Die Dämpfung beträgt

und das Ausgangssignal ist bei dieser Frequenz zum Eingangssignal um 45° phasenverschoben.

Eingangs- und Ausgangsgröße sind um 45° phasenverschoben. Die Lissajoufigur bestätigt die Phasenlage.

Die Grenzfrequenz fG liegt für die Schaltung aus dieser Übung bei rechnerisch 3740 Hz. Experimentell kann ein etwa gleich großer Wert aus der Graphik ermittelt werden. Der Durchlassbereich des hier untersuchten Tiefpasses, der bestimmt wird von der Grenzfrequenz fG, geht von 1 Hz - 3740 Hz.

Übung 4 - Passives RL-Glied - Hochpass

Vertauscht mit in der Schaltung aus Übung 3 die Position des ohmschen Widerstandes mit der der Spule, verändert sich das Verhalten der Schaltung. Jetzt werden die hohen Frequenzen ungedämpft übertragen, während die tiefen Frequenzen stark gedämpft sind.

RL-Hochpass
Material
  • 1x  Steckbrett
  • 1x  Spule, 10 mH
  • 1x  Funktionsgenerator
  • 1x  Widerstand, 470 Ohm
  • 1x  USB-Oszilloskop
  • diverse Steckdrähte
Aufgaben
  • Baue die Schaltung nach Schaltskizze auf einem Steckbrett auf.
  • Stelle die Eingangsspannung Ue auf 6 Vss ein.
  • Miss in Abständen von 1000 Hz die Ausgangsspannung Ua über der Spule L und trage die Werte in eine Tabelle ein.
  • Stelle die Messwerte graphisch dar. Benutze dazu das Programm Excel o.a.
  • Interpretiere deine Messergebnisse.
  • Bestimme die Grenzfrequenz fG aus dem Graphen und vergleiche sie mit dem rechnerischen Wert.

Messreihe

Normalerweise wird bei der Darstellung eines Amplituden-Frequenzganges in der Fachliteratur das Spannungsverhältnis Ue/Ua oder das Pegelmaß in der Einheit dB verwendet. Die dritte rechte Spalte der Messreihe enthält die Umrechnung des Spannungsverhältnisses in das Pegelmaß.

Graphische Auswertung

Deutung der Messergebnisse

Bei tiefen Frequenzen liegt eine hohe Dämpfung vor; mit steigender Frequenz wird die Dämpfung geringer. Eingangssignale hoher Frequenzen durchlaufen das RL-Glied mit geringen Einbußen.

Mit Ue = 6 Volt ergibt sich rechnerisch eine Grenzfrequenz für den Hochpass von

  • fG = 7480, 3... Hz.

Im Graphen ist die Grenzfrequenz bei der -3 dB-Marke blau gestrichelt eingezeichnet. Der rechnerische Wert wird gut bestätigt.

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© Reinhard Rahner - Gettorf