Unterrichts- und Lernmaterial für Mikrocontroller
Unterrichts- und Lernmaterial fürMikrocontroller

Verstärker werden heute in fast allen elektronischen Bauteilen eingesetzt. Es gibt sehr unterschiedliche Verstärkertypen, die sich alle durch ihre jeweiligen Charakteristiken unterscheiden. In diesem Kapitel befassen wir uns mit einfachen Signalen am Operationsverstärker, Op-Amp oder OPV. Drei Bezeichnungsweisen, die in der Welt der Elektronik für dieses Bauteil üblich sind. An mehreren Beispielen werden die Anwendungen erklärt und auf dem Oszilloskop sichtbar gemacht.

 

1 - Einführung in das Thema

Ein großer Vorteil integrierter Schaltkreise ist, dass man ihren Aufbau im einzelnen nicht kennen muss. Es genügt ihre grundsätzliche Funktionsweise zu kennen. Ein Operationsverstärker (OPV oder Op-Amp) ist ein solcher integrierter Schaltkreis, dessen Verhalten in den folgenden Übungen untersucht werden soll. Das allgemeine Schaltsymbol für einen OPV zeigt Abbildung 1.

Abbildung 1 - Schaltsymbol eines OPV mit zusätzlichen Bezeichnungen

In Schaltungsskizzen erscheinen nur die äußeren Anschlüsse, die für den Aufbau einer Schaltung benötigt werden. Die Symbole + und - deuten an, dass die Spannungsdifferenz

  • UD = U2 - U1 
    

verstärkt wird. Der Eingang mit dem "-"-Zeichen (invertierender Eingang) weist darauf hin, dass die Eingangsspannung negativ ins Ausgangssignal eingeht. Den Eingang mit dem "+"-Zeichen bezeichnet man als nicht-invertierenden Eingang. Seine Eingangsspannung geht positiv ins Ausgangssignal UA ein. Neben diesen drei Anschlüssen gibt es noch die beiden Anschlüsse für die Versorgungsspannung: Vcc und - Vcc. Der Masseanschluss, auf den die Ein- und Ausgangsspannungen bezogen sind, liegt in der Mitte von Vcc und - Vcc.

2 - Welche Op-Amps werden benutzt

Für Schulversuche und eigene Übungen gut geeignet sind folgende OPVs, die auch in Übungen von mir verwendet werden:

  • LM358 
    
    uA741 und 
    
    TAA861.
    

 

Der TAA861 kann von +Vcc bis -Vcc voll ausgesteuert werden (rail-to-rail) und ist kurzschlussfest.

Abbildung 2 - Anschlussbelegung des TAA861

Der uA741 ist in der Elektronik das "Arbeitstier" und für viele Aufgaben einsetzbar. Bei mir in der Bastelkiste liegen 8- und 14-polige Bausteine, deshalb für beide hier die Anschlussbelegung (Draufsicht).

Abbildung 3 - Anschlussbelegung des uA741, den es in 8- und 14-Pin Ausführung gibt

Der 14-polige Baustein enthält viel "Luft", wie man der Anschlussbelegung (Draufsicht) entnehmen kann.

Abbildung 4 - Anschlussbelegung des uA741, den es in 8- und 14-Pin Ausführung gibt

Der Vorteil des LM358 ist, dass er mit einer unipolaren Spannungsquelle versorgt werden kann. Das ist manchmal ganz hilfreich.

Abbildung 5 - Anschlussbelegung des LM358

3 - Daten eines OPV

Die Leerlaufverstärkung Vo eines Op-Amp ist die Verstärkung der Spannungsdifferenz U2 - U1 ohne dass der OPV an eine äußere Schaltung angeschlossen ist (1).

Die Leerlaufverstärkung liegt i. a. zwischen 10.000 und 100.000. Sie ist die Verstärkung eines Gegentaktsignals, das zwischen den beiden Eingängen E1 und E2 liegt.

Der Eingangsstrom IE ist das arithmetische Mittel aus den beiden einzelnen Eingangsströmen (2). Der Eingangsstrom liegt im allgemeinen zwischen 50 und 100 nA.

  • Die Eingangsnullspannung (Eingangs-Offset-Spannung) UEO ist diejenige Spannung, die an die Eingänge angelegt werden muss, damit der Ausgang auf 0V geht. Idealerweise ist UEO = 0V, höchstens aber einige wenige Millivolt.
  • Der Eingangsnullstrom (Eingangs-Offset-Strom) errechnet sich aus der Differenz der Eingangsströme IE1 und IE2 bei UA = 0V.
  • Die Gleichtaktverstärkung Vug gibt die sehr kleine Verstärkung eines Gleichtaktsignals an, das mit gleichem Vorzeichen an beide Eingänge gegeben wird.
  • Die Gleichtaktunterdrückung G ist der Quotient aus Vo und Vug. G liegt bei typisch 30.000.

4 - Symmetrische Spannungsversorgung

Ein Op-Amp verfügt über zwei Anschlüsse für die Spannungsversorgung. Da er normalerweise positive und negative Ausgangsspannungen zur Verfügung stellt, muss er mit einer symmetrischen Spannungsquelle verbunden sein.

Am besten eignen sich dazu zwei Batteriehalter für jeweils 8 AA-Batterien. Man erhält damit eine Spannungsversorgung von +/- 12V, was für alle Übungen ausreichend ist.

Batteriehalter für acht Batterien des Typs AA

Sehr praktisch ist es, wenn man die Kabel aus den beiden Batteriehaltern zu einem Steckbrett führt, dass auf einem der beiden Batteriehalter mit Klebeband aufgeklebt ist. Die folgende Abbildung zeigt die Verdrahtung.

Verkabelung der Anschlüsse aus dem Batteriehalter auf einem Steckbrett

Statt mit +/- 12V zu arbeiten, kann man auch zwei 9V Batterieblöcke oder Batteriehalter 2x4 nehmen und sich so ebenfalls eine symmetrische Spannungsversorgung von +/- 9V bzw. +/- 6V aufbauen.

5 - Der unbeschaltete OPV

Ohne Gegenkopplung ist ein Verstärker thermisch sehr instabil, ganz abgesehen von anderen Problemen wie der Kompensation der Eingangsnullspannung und anderes mehr. Das folgende Experiment dient dazu, die hohe Verstärkung eines Op-Amps darzustellen, zu zeigen, dass er positive und negative Gleichspannung verarbeitet, Signale invertiert und ein Gefühl für den Umgang mit diesem Baustein zu vermitteln. Zur Veranschaulichung wird ein USB-Oszilloskop eingesetzt.

Der unbeschaltete OPV
Material

1x  USB-Oszilloskop

1x  Steckbrett

1x  Energiequelle +/- 12 Volt mit Erdung

1x  uA741

1x  Potenziometer 100kOhm

8x  Steckdraht

Aufgaben
  • Baue die Schaltung nach der Schaltskizze auf dem Steckbrett auf.
  • Überprüfe die aufgebaute Schaltung ein zweites Mal. Ist die Spannungsversorgung korrekt mit den Anschlüssen verbunden?
  • Verbinde die Messspitze A des Oszilloskops mit dem Ausgang des Op-Amp und Messspitze B mit dem invertierenden Eingang der Schaltung.
  • Schalte die Spannungsversorgung ein und beobachte das Oszillogramm.
  • Drehe vorsichtig am Potenziometer. Wir reagiert der Ausgang des Potenziometers? Beschreibe mit eigenen Worten.
Versuchsdurchführung
  • Stelle den Mittelabgriff des Potis ganz nach links.
  • Welche Spannung zeigt das USB-Oszilloskop an? Notiere den Wert.
  • Drehe den Schleifer des Potenziometers langsam und erhöhe die Spannung. Beobachte, ob dies auch im Oszillogramm ablesbar ist.
  • Finde die Stellung des Potenziometers, bei der die Ausgangsspannung den Wert 0 annimmt.
  • Erhöhe die Spannung weiter. Der Spannungspegel sollte jetzt bei ca. +12V stehen.
  • Versuche den Schleifer in eine Position zu bringen, bei der die angezeigte Ausgangsspannung nacheinander die Werte 5V, 6V und 7V annimmt. Ist das möglich?

Schaltskizze

Abbildung 6 - Unbeschalteter OPV

Oszillogramme

Abbildung 7 - Eingangsspannung (rot) am invertierenden Eingang, Ausgangsspannung (blau)

Deutung der Versuchsergebnisse

Unbeschaltete Op-Amps haben einen sehr hohen Verstärkungsgrad, der bei 100.000 oder noch höher liegen kann. Dem invertierenden Eingang wird über die Anzapfung des Schleifers vom Potenziometer eine Spannung zwischen -12V und +12V zugeführt.

Liegen am invertierenden Eingang (rote Kurve) zum Beispiel -300mV und ist der Verstärkungsfaktor 100.000, dann sollten am Ausgang (blaue Linie) 0,01V x 100.000 = +1000V (invertierender Eingang) liegen. Die Spannungsquelle stellt aber nur +12V zur Verfügung, dieser Wert kann nicht überschritten werden, deshalb clippt der Op-Amp das Signal bei ca. +12V.

Abbildung 8 - Eingangsspannung (rot) am invertierenden Eingang, Ausgangsspannung (blau)

Das Ergebnis der Messungen zeigt:

6 - Nicht-invertierender gegengekoppelter Verstärker

Die Prinzipschaltung zeigt Abbildung 9. Der Widerstand R2 verbindet den Ausgang des Op-Amps mit dem Eingang und bewirkt dadurch eine negative Rück- oder Gegenkopplung. Wir gehen davon aus, dass die Eingangsströme des OPV klein sind verglichen mit den Strömen durch die Widerstände R1 und R2 und dass die Gleichtaktunterdrückung so hoch ist, dass man die Wirkung eines Gleichtaktsignals am Ausgang vernachlässigen kann.

Abbildung 9 - Prinzipschaltung eines nicht-invertierenden gegengekoppelten Verstärkers

7 - Grundgleichung eines nicht-invertierenden OPV

Nach Abbildung 9 gilt

In guter Näherung gilt

8 - Linearität der Verstärkerkennlinie

Die in den folgenden Übungen benutzte Versuchsschaltung zeigt die folgende Abbildung. Als OPV wird ein uA741 verwendet.

Als Versorgungsspannung werden +/- 12V mit dem Batteriepack und für die Widerstandswerte R1 = 1kOhm und R2 = 100kOhm gewählt. Die Verstärkerkennlinie sollte punktweise aufgenommen werden. Dazu wurde als Energiequelle ein 9V-Batterieblock mit einem Spannungsteiler aus 820kOhm und einem Potenziometer von 100kOhm gewählt.

Aufnahme der Verstärkerkennlinie eines nicht-invertierenden Verstärkers
Aufgaben
  • Baue die Schaltung nach der Schaltskizze auf.
  • Verbinde die Messspitzen des Oszilloskops Kanal A mit dem Ausgang und Kanal B mit dem Eingang des OPV.
  • Schalte die Spannungsversorgungen ein.
Versuchsdurchführung
  • Stelle das Potenziometer so ein, dass am Eingang eine Spannung von ca. 1mV oder weniger liegt und lies im Oszillogramm die Ausgangsspannung ab. Trage UE und UA in eine Tabelle ein.
  • Verändere die Eingangsspannung UE mit dem Potenziometer in kleinen Schritten und notiere zu jedem eingestellten Spannungswert die Ausgangsspannung.
  • Übertrage zur weiteren Auswertung die Werte aus der Tabelle in eine Excel-Tabelle.
  • Erstelle mit Hilfe des Programms eine Graphik, ähnlich der unten gezeigten.

Das Ergebnis einer Messung an einem 741 - ohne Kompensationseinstellung - zeigt die folgende Abbildung. Der negative Spannungsteil wurde nicht mehr aufgenommen, ist aber leicht auszuführen.

Abbildung 10 - Verstärkerkennlinie eines uA741

9 - Impedanzwandler

Wächst in Gleichung (7) R1 über alle Grenzen, dann geht der Bruch

gegen 1, die Größe von R2 spielt dann keine Rolle mehr. Man kann deshalb den Ausgang direkt mit dem Eingang E1 verbinden. Wir erhalten damit einen Verstärker, dessen Ausgangssignal mit dem Eingangssignal völlig identisch ist. Verstärker dieser Art nennt man Impedanzwandler.

Abbildung 11 - Impedanzwandler
Vergleich von Aus- und Eingangsspannung am Impedanzwandler
Material

1x  uA741

1x  Spannungsversorgung 2x12V o.ä.

1x  Steckbrett

6x  Steckdraht

1x  USB-Oszilloskop

1x  Funktionsgenerator

Aufgaben
  • Baue die Schaltung nach Abb. 11 auf dem Steckbrett auf.
  • Schließe die Prüfspitzen des Oszilloskops an.
  • Schalte die Spannungsversorgung ein.
  • Bestimme die Spannungsverstärkung einer Sinusschwingung von 500Hz mit Amplituden von Vss = 3V und 4V. 
  • Bestimme die Spannungsverstärkung einer Rechteckschwingung von 500Hz mit Amplituden von 3V und 4V.
  • Notiere die Ergebnisse.

Oszillogramme

Abbildung 12 - Eingangs- und Ausgangssignal einer Sinusschwingung, 500Hz, Vss = 4V an einem uA741
Abbildung 13 - Eingangs- und Ausgangssignal einer Rechteckschwingung, 500Hz, Vss = 3V an einem uA741

Ausgangs- und Eingangssignal liegen bei beiden Messungen direkt übereinander. Eine Eigenschaft des Impedanzwandlers, dass Ausgangs- und Eingangssignal identisch sind, konnte damit bestätigt werden.

Um zu zeigen, dass der Eingangswiderstand sehr hoch ist, wird eine andere Schaltung benutzt.

10 - Eingangswiderstand

In einer weiteren Übung werden wir überprüfen, ob der Eingangswiderstand eines Op-Amp tatsächlich sehr hoch ist.

 

Die Idee zum Messnachweis

Die Idee ist, wenn man einen Kondensator auflädt und anschließend die Spannung über ihm messen möchte, gelingt das mit einem Drehspulinstrument nicht. Der Grund dafür liegt in dem niederohmigen Messinstrument. Die dort angezeigte Spannung sinkt relativ rasch (ca. in 10s) durch den Entladestrom aus dem Kondensator über das Messinstrument und seinen kleinen Eingangswiderstand ab.

Bei der zweiten Messung messen wir mit dem gleichen Messinstrument am Ausgang des Op-Amps. Da sein Eingangswiderstand sehr hoch ist, entlädt sich der Kondensator nur sehr langsam. So langsam, dass man den Eindruck gewinnt, die am Kondensator gemessene Spannung sei konstant.

Die Schaltung für die Messung zeigt Abb. 14.

Abbildung 14 - Eingangswiderstand an einem uA741
Nachweis des hohen Eingangswiderstandes bei einem Op-Amp
Material

1x  uA741

1x  Spannungsversorgung 2x9V o.ä.

1x  Widerstand, 1kOhm

1x  Taster

1x  Elektrolytkondensator, 10µF

1x  Steckbrett

6x  Steckdraht

1x  Drehspulinstrument

Aufgaben
  • Baue die Schaltung nach Abb. 14 auf dem Steckbrett auf.
  • Schalte die Spannungsversorgung ein.
  • Schließe das Drehspulinstrument zunächst zwischen Punkt B und dem gemeinsamen Massepunkt an.
  • Drücke den Taster T und lasse ihn nach ca. 1s wieder los.
  • Beobachte die Anzeige auf dem Drehspulinstrument. Beschreibe, was du siehst und halte es im Messprotokoll fest. Bestätige die Idee zum Messnachweis.
  • Schließe das Drehspulinstrument zwischen Punkt A und dem gemeinsamen Massepunkt an.
  • Drücke den Taster T und lasse ihn nach ca. 1s wieder los.
  • Beobachte die Anzeige auf dem Drehspulinstrument. Beschreibe, was du siehst und halte es im Messprotokoll fest. Bestätige die Idee zum Messnachweis.
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© Reinhard Rahner - Gettorf